Am Samstag verteidigte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz die wachsenden Rüstungsexporte seines Landes in die Türkei und verwies dabei auf die Mitgliedschaft beider Länder in der NATO als einen der Gründe. Scholz betonte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Istanbul, dass die NATO-Verbundenheit Deutschlands und der Türkei eine Selbstverständlichkeit für die Entscheidungen über konkrete Rüstungslieferungen sei. Darüber hinaus zeigte Scholz Interesse an der potenziellen Lieferung von Eurofighter-Jets an die Türkei, wobei er anmerkte, dass Gespräche zwischen dem Vereinigten Königreich und der Türkei zu den Kampfjets bereits im Gange seien. Er wies darauf hin, dass sich das Thema weiterentwickeln wird, aber derzeit vorangetrieben wird.
Erdoğan äußerte erneut sein Interesse an einer intensiveren Verteidigungszusammenarbeit mit Deutschland und äußerte den Wunsch, die vergangenen Probleme beim Erwerb von Rüstungsprodukten hinter sich zu lassen und die Kooperation auszubauen. Die Türkei strebt an, rund 40 Eurofighter zu erhalten, wobei Deutschland und das Vereinigte Königreich zu den Ländern gehören, die am Konsortium zur Produktion des Eurofighters beteiligt sind. Für den Export der Jets an die Türkei wäre die Zustimmung der deutschen Regierung unerlässlich. Es zeigt sich, dass trotz einer belasteten Vergangenheit eine gewisse Bereitschaft zur Zusammenarbeit besteht.
Die wachsenden Rüstungsexporte aus Deutschland in die Türkei sind in den letzten Jahren umstritten gewesen, zumal Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtssituation in der Türkei und einiger internationaler Aktionen der türkischen Regierung aufgekommen sind. Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei sowie der Militäroffensive in Nord-Syrien 2016 wurden die deutschen Exportgenehmigungen an Ankara deutlich reduziert. Früher war Deutschland ein bedeutender Rüstungslieferant für die Türkei, jedoch lagen die deutschen Waffenexporte in den letzten Jahren nur noch im einstelligen Millionenbereich. Dennoch sind die Verkäufe in letzter Zeit wieder gestiegen, mit Genehmigungen für Rüstungsexporte im Wert von 103 Millionen Euro in diesem Jahr, was die höchsten Zahlen seit 2011 darstellt.
Die Vogelperspektive auf die aktuellen Rüstungsexporte offenbart eine schleichende Normalisierung der bilateralen Beziehungen, die durch zunehmende Aufträge gekennzeichnet sind. Zu den jüngsten Genehmigungen gehören die Lieferung von 28 Torpedos und 101 gelenkten Raketen an die türkischen Streitkräfte. Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass Deutschland bereit ist, trotz der grünen und linken Bedenken bezüglich der Menschenrechte in der Türkei, seine militärische Zusammenarbeit mit Ankara zu intensivieren, was möglicherweise auch strategischen Überlegungen geschuldet ist.
Ein weiterer strittiger Punkt in den bilateralen Beziehungen ist der anhaltende Konflikt im Gazastreifen. Erdoğan warf Israel am Samstag vor, “Völkermord” im Gazastreifen zu betreiben, und forderte Druck auf Israel auszuüben, damit humanitäre Hilfe besser nach Gaza gelangen kann. Dabei betonte er, dass Israel expansionistische Politiken verfolge. Erdoğans Regierung hat enge Beziehungen zu der palästinensischen islamistischen Bewegung Hamas, die von Deutschland als terroristische Organisation eingestuft wird. Kürzlich äußerte der türkische Außenminister Hakan Fidan sein Beileid über den Tod des Hamas-Führers Yehya al-Sinwar während eines Treffens mit Hamas-Politikern.
Kanzler Scholz wies Erdoğan’s Völkermord-Vorwürfe entschieden zurück und betonte, dass zivile Opfer auf allen Seiten des Konflikts gleichermaßen betrauert werden sollten. Der deutsche Politiker bekräftigte das Recht Israels, sich zu verteidigen, stellte jedoch klar, dass dies im Einklang mit dem Völkerrecht geschehen müsse. Scholz’ Standpunkt spiegelt die komplexe Situation wider, in der Deutschland versucht, diplomatische Balance zu halten, während es auf der einen Seite militärische Beziehungen zur Türkei fördert und gleichzeitig in politischen Fragen wie dem Konflikt in Gaza kritische Positionen einnimmt. Durch diese vielfältigen Herausforderungen muss Deutschland in seiner Außenpolitik zwischen strategischen Interessen und moralischen Verpflichtungen navigieren.